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Geschichtchen und Anekdoten

(Zu) Rasante Leiterwagen-Fahrt

Woher P.-L. den Spitznamen „Bagger-P.“ hatte, wusste niemand. Jedenfalls war er ein paar Jahre älter als wir, und er entwickelte Aktivitäten, die manchmal die Grenzen der Legalität überschritten. Aber darüber wird hier geschwiegen.
Bagger-P. hatte nicht nur die Idee, sondern auch den dazu passenden Leiterwagen. P.-L. saß vorne und nahm zum Lenken die Deichsel zwischen die Beine, H., M., G. und ich nahmen auf den Seitenteilen Platz. Auf der abschüssigen Hubert-Müller-Straße erreichten wir ein beachtliches Tempo. Die Fahrten machten nicht nur einen Höllenspaß, sondern auch einen Höllenlärm. Es war Sonntagabend und es wurde schon langsam dunkel. Als wir dann auch noch nach dem Abbiegen in den Kanzemer Weg die Kurve nicht kriegten und in den Hecken landeten, mussten wir langsam ans Aufhören denken.
Aber nein, es gab ja noch andere Rennstrecken! Wir zogen weiter zum Fuß- und Fahrradweg neben der Lebacher Landstraße. Mangels Bremse fuhr P.-L. mit uns einen Zick-Zack-Kurs, um auf den Grasstreifen rechts und links des asphaltierten Weges an Tempo zu verlieren. Für die letzte Kurve waren wir dann doch zu schnell. Der Leiterwagen fuhr in den Graben.
Das wäre nicht weiter tragisch gewesen, wäre nicht der Parabelflug von einem der Passagiere auf den hinteren Plätzen
so unglücklich verlaufen, dass er mit dem Fuß auf meinem Oberarm gelandet wäre. Das Ergebnis war ein glatter Oberarmbruch, wie sich später herausstellte. In dem Moment dachten wir aber nur daran, unsere Gesichter und Hände
vom Schmutz zu befreien. Das ging am besten in der Kneipe an der Esso-Tankstelle. Dass wir dort erst einmal ein oder zwei Bier stürzten, versteht sich von selbst.

Der Mann, das Moped und die Frau

Es muss Anfang der 1960er-Jahre gewesen sein. Jedenfalls war der Beilsteiner Weg nur grob gepflastert und führte zu Notunterkünften, die nach dem zweiten Weltkrieg errichtet wurden.
In den Baracken wohnte auch ein Mann, der immerhin schon motorisiert war. Er hatte ein Moped und auch einen Anhänger. Das Gespann fiel uns meist an der Ecke beim Gasthaus Riplinger auf. Oft war der Anhänger nicht mit Brennholz oder Ähnlichem beladen, sondern mit seiner Frau. Das war ein Bild für die Götter, mit Worten kaum zu beschreiben. In unseren Breitengraden bekäme man wohl einen derartig kreativen Personentransport kaum noch zu sehen.

Die Unnerbux

Die Beteiligung an Hexennacht war Pflicht. Nach Einbruch der Dunkelheit traf sich unsere Clique auf dem Trarbacher Platz. Nur Gartentüren auszuhängen oder Mülltonnen zu vertauschen, war langweilig. Da hatte einer von uns die Idee, eine alte, weiße lange Unterhose einem neuen Verwendungszweck zuzuführen. Wir marschierten also in die Eifelstraße zum Haus der damaligen Friedrich-Ebert-Stiftung. Dort war ein passender Fahnenmast, der nun für mindestens eine Nacht und einen Tag mit einem weißen Fahnenschmuck versehen wurde.

Der nicht schwimmfähige "Ami 6"

Wäre die Sache nicht gut ausgegangen, könnte man diese wahre Geschichte nicht als Anekdote bezeichnen: K. vom Raschdpuhl war stolz auf sein „neues“ Auto, ein Citroen Ami 6. Weniger Stolz konnte K. darauf sein, dass er die Saar in der Nähe des Staatstheaters mit einer Umgehungsstraße verwechselte. Leicht hätte jemand ertrinken können. Das Auto war jedenfalls hin, und die Bergungskosten sollen auch nicht unerheblich gewesen sein.

"Meteorisches Ereignis"

In den Annalen der Physik berichtet der deutsche Naturwissenschaftler Chladni über eine lautstarke „meteorische“ Erscheinung, die Anfang des 19. Jahrhunderts auf dem Rastpfuhl beobachtet wurde. Als Zeugen benannt wurden Heinrich König, Ziegelhüttenbesitzer, Johannes Becker, Ziegler, der Wegwärter Hasse und Christian Werner, ein alter Ziegler.
Die Zeugen beobachteten am 1. April 1826 kurz vor 16 Uhr am Waldrand nahe der heutigen Lebacher Landstraße ein furchterregendes zunehmendes lautes Donnern und Krachen, gefolgt grauweißen fliegenden Gegenständen und vom
Brausen eines heftigen Wirbelwindes.
Ob es sich dabei tatsächlich um den Niedergang eines Meteors, ein Wetterphänomen oder gar um einen Aprilscherz handelte, bleibt offen.

Quelle:

Chladni, E.F.F.: „Ueber eine merkwürdige meteorische Erscheinung, am 1. April 1826, nicht weit von Saarbrücken“. Annalen der Physik, Bd. 83 (Jg. 1826), Stück 3/IX; S. 373ff. Webseite der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena.


Die Kläpperbuwe

von Peter Klein
Auch ich gehörte zu den Kläpperbuwe. Es war um 1958 oder 1959 in Saarbrücken auf dem Rastpfuhl. Wir kläpperten für die St. Antonius-Gemeinde. Am Karsamstag waren wir unterwegs, um unseren Lohn einzufordern, allerdings nicht so früh wie in dem Artikel*), sondern am späten Vormittag. Unser Kläppergebiet und damit auch Sammelgebiet war eine der typischen Nachkriegssiedlungen mit etwa 140 Haushalten. Auch wir zogen mit einem Weidenkorb los, und bekamen fast durchweg rohe Eier, manchmal aber auch gefärbte. Gelegentlich gab es sogar Schokoladeneier. Das galt aber als ungewöhnlich und seltsam.
Ein Erlebnis, das wir uns später immer wieder mit viel Vergnügen erzählten, zeigt, wie schwer es für zugezogene Leute war, dieses Brauchtum einzuordnen.
In einem Haus wohnte ein junges, erst kürzlich verheiratetes Paar. Die beiden waren uns schon früher aufgefallen, weil sie ganz anders als die übrigen Bewohner auf uns wirkten und keinen Dialekt sprachen. Wir klingelten an dem Haus. Es dauerte etwas, bis geöffnet wurde. Der junge Mann schaute uns fragend an. Wir sagten unseren Spruch: „Die Kläpperbuwe sinn do!“ Haben das dann noch irgendwie ergänzt. „Es hat doch net geleit!“ Der Mann schaute immer noch fragend und rief in dem Hochdeutschen, das uns so amüsierte, in die Wohnung: „Schatz, da sind Jungen mit Eiern. Wie viele willst du?“ Irgend eine Zahl wurde aus der Wohnung gerufen. Einer von uns begriff das Missverständnis und sagte: „Mir verkaafe kä Eier. Mir sammle.“ Der Mann schaute verdutzt, murmelte etwas wie „Ach so!“, griff dann nach seinem Portemonnaie und gab uns ein Geldstück. Wie viel es war, habe ich vergessen.
Wir aber haben die Geschichte immer wieder überall erzählt, dass einer meinte, die Kläpperbuwe würden Eier bringen, und uns totgelacht.

*) Der Text von Peter Klein bezieht sich auf folgenden Artikel:
Kuhn, Rudi: »Die Kläpperbuwe senn do!« In: saargeschichte|n - Magazin zur regionalen Kultur und Geschichte, Heft 1, 2017



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